Richtig kondolieren

Gibt es allgemeingültige Tipps für das Formulieren von Kondolenzbriefen?

Im Wesentlichen sind es fünf Kriterien, an denen sich jeder orientieren kann:

  1. Zuerst sollte man die eigene Betroffenheit ausdrücken. Wenn es sich beispielsweise um einen Unfalltod handelt, kann man die tiefe Erschütterung ansprechen, das eigene Schock-Erleben beschreiben.
  2. Darauf folgt die Würdigung des Verstorbenen. Hier geht es um die Aspekte, die einem mit ihm verbunden haben. Was hat er mir bedeutet? Was habe ich an ihm besonders geschätzt, gemocht oder bewundert? Das kann eine Charaktereigenschaft sein oder eine Äußerlichkeit. Dieses kurze Nachsinnen, die eigene Perspektive zu diesem Menschen einzubringen, ist ganz wichtig und hinterlässt bei den Angehörigen garantiert einen bleibenden Eindruck, sogar dann, wenn es nur die blauen Augen des Verstorbenen waren.
  3. Drittens gehört auch ein Wort des Trostes in jede Trauerkarte und in jeden Kondolenzbrief.
  4. Viertens kann ich meine Hilfe anbieten. Das sollte man jemdoch nicht ins Blaue hinein, sondern nur, wenn es einem ein Bedürfnis ist. Auch dieses Hilfsangebot sollte so konkret wie möglich sein, zum Beispiel eine Einladung zum Spaziergehen oder Gartenarbeit.
  5. Am Ende folgt die eigentliche Beileidsbekundung. Je mehr ich in die Tiefe gedacht habe, umso klarer wirkt dieser Brief, und umso mehr kann er den Angehörigen und mir selbst helfen, die Trauer ein Stück zu bewältigen. Wer schreibt, aktiviert damit auch automatisch weit auseinander liegende Areale im Großhirn, Schreiben erleichtert nachweislich das Nachdenken. Die Formulierarbeit ist damit auch ein Teil der Trauerarbeit.

Wie persönlich darf man werden?

Wer eine lesbare Handschrift hat, kann seine Kondolenz gerne auch mit dem Füller aufsetzen.

Das hängt natürlich von der Beziehung ab, die man zu dem oder der Verstorbenen hatte. Wenn es eine herzliche, innige Beziehung zum Verstorbenen war oder auch zum Hinterbliebenen, dann sollte auch Herzlichkeit aus dem Brief sprechen. Wenn es aber eine distanzierte oder auch eine unterkühlte Beziehung war oder ist, muss sich die Stilebene dementsprechend anpassen. Alles andere wäre unglaubwürdig.

Viele meinen, wenn man eine eher problematische Beziehung zum Verstorbenen hatte, dass es dann wahrscheinlich noch schwerer ist, einen Kondolenzbrief oder eine Karte zu formulieren. Das muss nicht sein. Der Brief kann sich an dieser Schwierigkeit orientieren. Das kann etwas zum Thema Würdigung sein. Nennen Sie es beim Namen. Das ist wahrhaftig. Statt Floskeln die Wahrheit, ihre Sicht der Dinge. So eine Kondolenz ist womöglich die letzte Chance, frühere Streitigkeiten und Probleme auf den Tisch zu bringen. Nutzen Sie sie! Ein Kondolenzbrief bedarf ja nicht unbedingt einer Antwort. Ich kann so schreiben, dass sich eine Antwort für den Empfänger erübrigt oder von selbst verbietet. Diese Botschaft transportiere ich selbstverständlich zwischen den Zeilen. Wenn das gelingt, ist ein Brief eine wunderbare Gelegenheit, in guter Weise mit einem Lebensthema abzuschließen. Es gibt ihnen auch ein Stück Ruhe zurück.