Weihnachten alleine

Für viele bedeutet Weihnachten auch Stress, denn wenn man älter wird, werden meisten nicht nur die Haare dünner, sondern auch die Kontakte. In einem unserer letzten Beiträge auf dieser Webseite schrieben wir über den Verlust des Partners ausgerechnet zu Weihnachten. Wenn man jetzt aber schon alleine lebt und das in Zeiten von Corona dann bedeutet Weihnachten noch mehr Stress als gewöhnlich. Denn angeblich feiern ja alle zum Jahresende glücklich mit ihrer Familie im trauten Heim. Es gibt nur Harmonie und Liebe und alle verstehen sich prächtig. Streit? Was ist das das? Neid? Kenn ich nicht. Weihnachten versöhnt alle. Dass das nicht tsimmt, wissen wir doch alle. Aber was tun zu Weihnachten, wenn es auch noch in Zeiten der Pandemie im Grunde unmöglich gemacht wird, sich zu treffen und draußen an öffentlichen Orten, in Kulturbetrieben oder Restaurants jemanden anzusprechen. Wenn sich auch ohne Corona schon die Frage aufwirft, mit wem soll ich denn feieren? Kein Partner, Kinder leben im Ausland, Freunde sind schon lange verstroben, im Heim oder unbekannt verzogen.

Die Chance der Großstadt

Berlin ist eine Großstadt, aber die Anonymität wird in den Kiezen oft gebrochen, man kann auch jemand wild fremdes ansprechen und ein Schwätzchen übers Wetter pflegen. Das tut gut für die Seele, man fühlt sich gleich viel besser. Der Sprechapparat lockert sich und das Hirn wird durchlüftet. Das kostet natürlich Überwindung. Vielleicht noch mehr als sonst. Die Angst, die man sowieso schon hat, wird durch Corona nicht geringer. Aber in fast jedem Kiez gibt es Persönlichkeiten, die aus der Menge herausstechen.

Der humpelnde Andreas, der fast täglich seine Haare anders färbt und mit seinem Promenaden-Mischling um die Ecke kommt. Er sieht furcherregend aus mit seinen Tattoos und klappernden Ohrringen, aber er hält gern ein Schwätzchen und man sieht ihn immer wieder ins Gespräch vertieft mit den unterschiedlichsten Leuten.

Oder der Herr Lehmann von nebenan, immer noch fast 2 m groß, leichter Bauchansatz und volles Haar (siehe oben) trotz seiner fast 80 Jahre! Mit seinem gewinnenden Lächeln und dem freundlichen unbegrillten Blick grinst er jeden an, der ihn anschaut. Ein Schwätzchen in Ehren kann er nicht verwehren. Er kennt die Leute aus der Siedlung, zieht aber nicht über sie her. Er kann gut zuhören und verbreitet gute Laune. Solche Persönlichkeiten gibt es auch mit oder trotz Corona. Lassen Sie wir sie nicht m Regen stehen und stellen und selbst dazu – natürlich mit Abstand. Aber ehrlich gesagt, an der frischen Berliner Luft wird niemand so schnell krank. Schlimm ist es, wenn man tagelang im eigenen Saft im Berliner Zimmer schmort und mit niemanden außer dem Spiegelbild spricht, das einem jeden Morgen im Badezimmer übel gelaunt begegnet.

Die Pest verkriecht sich

Halten Sie die Augen offen und versuchen sie raus zu gehen und mit den Menschen in Kontakt zu bleiben. Das tut gut. Bald werden die Tage wieder länger, die Temperaturen steigen und die Pest verkriecht sich erst mal wieder in ihre Löcher. In diesem Sinne, lassen Sie sich nicht unterkriegen und halten Sie durch.

Ihr Harold.